Ein inklusiver Tanztreff ist das Angebot des Martinsclub im Tanzwerk Bremen. Corinna und Lars Mindt leiten die maximal zwölf Tanzenden im Ausdruckstanz an. Heute sind Claudia, Martin, Aladdin und Laura zum Tanzen gekommen. Einige haben sich Krank- oder Abgemeldet und der Kurs ist noch nicht ausgebucht. Beim Sport und Ausdruckstanz reichen der Vorname oder ein freundliches „Du“.
Von Edwin Platt
Steintor. Corinna ist Tanzpädagogik Absolventin der Bremer Fachhochschule und hat sich in Feldenkrais, Joga, Körperwahrnehmung und Improvisation weitergebildet. Lars hat in Hannover Clown, also Ausdruck und szenisches, gelernt und ist tanzbegeistert. Claudia, Martin, Aladdin und Laura sind selbstständig, behindert, mit dem Martinsclub verbunden und leben nicht zusammen, sondern allein oder in Wohngruppen.
Ein Link des Martinsclub im Internet verweist auf die Inklusive-Stadt-Bremen Seite: Inklusion geht noch weiter, denn damit ist gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen des Lebens gemeint. In Arbeit, Bildung und Freizeit, beim Wohnen, in der Schule oder beim Sport. Für Menschen mit Behinderung gibt es eine entsprechende UN-Konvention, das ist ein völkerrechtlicher Vertrag, dem Deutschland im Februar 2009 beigetreten ist, sich also zu Maßnahmen für Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben verpflichtet hat. Das Projekt „Inklusive-Stadt-Bremen“, bezieht sich indessen auf alle Menschen mit einem sozialen Anliegen, ob mit oder ohne Behinderung.
Der Martinsclub nimmt Inklusion ernst und schafft Angebote. Corinna Mindt: „Wir Unterrichten in keiner Gruppen anders wie hier“. Beim Aufwärmen wird klar was Corinna Mindt meint. Claudia, Corinna, Martin, Aladdin, Laura und Lars klopfen sich mit den Händen ab. Lars gibt Bewegungen vor die nachgeahmt werden. Ein „Klatsch“ geht rum. Lars klatscht in Richtung Aladdin, Aladdin zu Corinna, Corinna zu Laura … es wird immer schneller, bis das „Paah“ rumgeht. Bei jedem „Paah“ entleeren sich die Lungen explosiv. Mit einem „gedachten“ Umhang stolzieren die sechs jetzt wie Könige oder Stierkämpfer durch den Raum. Jeder nimmt sich so viel Platz wie er braucht. Keiner kommt zu einem anderen zu nahe. Jeder hinterlässt seine Spur. Elegant sieht das aus, bis die Umhänge fallen und mit einem sanften Kick weggeschossen werden. „Seid ihr alle warm“, Corinna Mindt vergewissert sich, doch die wärmenden Jacken haben alle Tanzenden längst abgelegt. Akkordeon Musik animiert zur Bewegung. „Stellt euch wie ein Kunstwerk hin, benutzt den ganzen Raum. Löst eure Figur auf und findet woanders etwas Neues, “ bei den Worten zeigt Corinna sich als Läuferin erstarrt, schreitet weiter und räkelt sich zu Boden. Zur folgenden Übung gehören immer Zwei. Lars und Martin, Laura und Corinna, Aladdin und Corinna beginnen. Lars, Laura und Corinna werden zu Statuen. Martin, Laura und Aladdin bewegen sich um ihre Partner herum ohne sie zu berühren, ohne sie zu streifen, aber sehr dicht. Sie schlängeln sich zwischen ihren Beinen hindurch, streichen über ihre Köpfe oder halten ihre Hand als telefonierten die Statuen. Alles ist ganz dicht erlaubt. Dann wird getauscht. Erforschende werden zu Objekten. Die Weltmusik gibt ihren Bewegungen Rhythmus und Gleichklang. Dass es hier um Tanz geht, ist jedem anzusehen. In der nächsten Stufe des Tanzspiels sind Berührungen erlaubt. Martin und Lars wirken harmonisch. Martin legt seinen Kopf auf Lars Händen ab. Dann lehnt Martin sich leicht bei Lars an. Lars wird zur Bank auf der Martin ruhen könnte. Martin ist vorsichtig. Die erste Stunde des szenischen Tanzes heute ist vorüber. Pause. Weitere drei Stunden bis 14 Uhr stehen für Übungen und Proben im Tanzwerk, auf glattem Parkett, zur Verfügung. Nächstes Jahr, zu einer Feier des Martinsclub, möchte die Tanzgruppe eine szenische Darstellung zur Feier beitragen. Beim Ausdruckstanz zeigen Claudia, Corinna, Martin, Aladdin, Laura und Lars ihre Gelenkigkeit, ihren Ausdruck, ihre Koordination, ihre Fitness und in all dem stehen Claudia, Martin, Aladdin und Laura Gesunden gegenüber in nichts nach. Messbare Leistung nicht der Maßstab, eher individuelles Vermögen und Ausdruck. „Wir Unterrichten in keiner Gruppen anders wie hier“, sagte Corinna Mindt nicht um große Worte wie Inklusion zu erklären, sondern weil Menschen im Ausdruckstanz nicht behindert oder gesund sind, sondern Aladdin oder Laura oder Du. Individuen.
Ab 2013 werden diese Tanzworkshops, offen für alle Menschen, in Kooperation mit der Bremer Volkshochschule angeboten. Corinna und Lars Mindt sind auch bei Tanzbar_bremen aktiv.
Neben dem Tanzangebot im Tanzwerk hat der Martinsclub Inklusionskurse oder -Angebote in den Bereichen Computer-Café, Fahrrad-Werkstatt, Samba, Tanz und Bühne, Fußball und Bogenschießen (HB-Nord), zusätzlich für Senioren Tanz-Tee und Bingo im NAHBEI (Findorff) und für die Jugend Fußball für alle und die Martinsclub Band „The Spunks“.
Martinsclub Buntentorsteinweg 24 / 26, Telefon 53 74 740, Mail: kontakt@martinsclub.de. Tanzwerk, Schildstraße 12 – 19, Telefon 76 228, Mail: info@tanzwerk-bremen.de.
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