Verfasst von: Edwin Platt | 5. Januar 2012

Oh, ein Weihnachtsbasar


Der Osterholzer Weihnachtsbasar im OTe Zentrum in Tenever hat seinen eigenen Charme. Traditionell und nachbarschaftlich findet hier Wertiges, ohne den häufig zelebrierten Hochglanz, seine Wertschätzung. Bockwurst auf Pappe, Musik schnörkellos und handgemacht, Schülerarbeiten als Fotokalender, sind der Bodensatz eines Stadtteils und die Grundlagen dieses Weihnachtsbasars, der selbstbewußt ohne Plastikpomp und ohne falschen Baum im schlichten Saal bei guter Laune gefeiert wurde. Dieses Jahr größer als im Vorjahr, mit zahlreichen zufriedenen Besuchern des Stadtteils und ohne vollkommerzielle Standplätze, ist sein Ranking steigend.

Von Edwin Platt

Osterholz. Es gibt viele Weihnachtsbasare. Das ist gut so, denn nicht nur solide christlich verwurzelte Menschen mögen Kekse, Glühwein, Kerzen und schöne Dinge. Die heimeliche Atmosphäre der Weihnachtsmärkte bringt Licht in dunkle Abende und Freude in die Herzen vieler. Seit Wochen prangt ein handgemaltes großes Banner als Hinweis auf den Weihnachts-Basar im OTe Zentrum in der Otto-Brenner-Allee gleich bei den Bushaltestellen an der Glasfassade, wo sonst jegliches Hinweisschild verbannt wird. Freitag war es soweit und viele kamen, um auszustellen oder zu schauen und zu klönen. Schon vor dem Saal mit den vielen bunten weihnachtlichen Stränden hatten Schüler und Lehrer der GSO auf Stellwänden Ergebnisse ihrer Fotoleistungskurse ausgestellt, die es als Kalender, als Einzelfotos oder zusammengestellt auf einer CD zu erwerben gab. „Über den Zaun geschaut“ oder „Polski Blues“ weckten bei manchem Teneveraner Erinnerungen und regten zum Schnacken an. Acryl-Zeichnungen als Farbspiele von Maria Lenz rundeten den Ausstellungsbereich des Foyers ab. Gleich hinter dem Eingang duftete es ganz verlockend. Crêpes oder Würstchen oder in welcher Reihenfolge? Zweimal Anstellen? An den mit Appetit wartenden ging Karoline Linnert, die Bremer Senatorin für Finanzen, Ulrich Schlüter Ortsamtsleiter in Osterholz, Aykut Tasan vom Quartiersmanagement des Schweizer Viertels, mit weiteren „Amtsträgern“, bei einem Besuch von Einrichtungen und auf ihrem Weg zum Gesprächstermin vorüber, ohne Aufsehen zu erregen. Ulrich Schlüter und

Wem stehen unsere Hüte?

Sarah Lott vom Mütterzentrum eröffneten den Basar mit einstimmenden Worten und der Ankündigung des Kulturprogramms. Gerade singen „Joy of the Lord“, die afrikanische Gesangsformation Tenevers, „Jingle Bells“ auf der Bühne. Antje Wagner-Ehlers vom Arbeitslosenzentrum klebt mit weichem Zuckerguß Spekulatius und Mini Haribos zu süßen Hexenhäuschen zusammen. An ihrem Tisch und auf Bänken tummeln sich die kleinen Besucher des Basars. Sie verlangen, mit vollem Mund, nach Keksen. Hübsch in durchsichtiges Zellophan verpackt dürfen die Kinder ihre Häuschen nach Hause tragen. Siebenstimmig klingt im Café Gabriely der russische Chor „Viva“, der mit Akkordeonbegleitung „gnadenbringende Weihnachtszeit“, singt und russische Weisen melancholisch anstimmt. Die große Salwa ist elf Jahre alt und fertigt aus Leder ihren persönlichen Schlüsselanhänger. Wenn er fertig ist, soll ihre Mutter ebenso einen bekommen. Jetzt klebt sie die Buchstaben ihres Namens in Goldschrift auf das Leder. Andere Kinder stanzen ihre kleinen Lederarbeiten mit der Revolverlochzange, um ein Loch für den Schlüsselring zu schaffen. Bei Marion Henke und Anne Vetter liegt die weihnachtliche Tischdecke voller edler Papierweihnachtssterne in allerhand Größen, Farben und Mustern. Die Rosa-Töne und das matte Weiß der Sterne erscheint Wärme spendend. Für wenige Euro oder Cent gibt es Kunsthandwerk, das die beiden fast Profis mit viel Liebe zum Detail an langen Abenden hergestellt haben.

Weihnachtsbasteln mit Leder

Vogelfutterhäuschen aus der Holzwerkstatt bieten Senioren an. Fröhlich bunte Stricksocken, Damenhüte von Designerin Izzi Odalo-Krusi die bereits in London arbeitete, Kürbisbrot und Tüten voller hausgebackener Kekse, getöpferte Schneemänner und Seidenschals, alles, was an Weihnachten denken läßt, findet sich auf diesem Basar der Nachbarschaft. Und es gibt viele nette und entspannte Gespräche. Das macht die fröhlich gute Atmosphäre des Marktes aus. Das Lächeln eines getöpferten Weihnachtsmanns scheint unwiderstehlich. Unter ihm klebt das Schild: die Töpferwerkstatt, ASB Tagesförderstätte, sieben Euro. Er ist in einer der Werkstätten des ASB für geistig oder mehrfach behinderte Erwachsene mit Assistenzbedarf entstanden. Mit seinen 25 Zentimetern Höhe ist er ein ausgewachsener Kerl. In der Hand einen Tannenbaum, mit Oranger –Pudelmütze und-Jacke bringt er Fröhlichkeit in die Stube. Töpfern, Seidentuchgestaltung, Papier-Herstellung und -Gestaltung und die Seifenproduktion, wenn die Gartenarbeit ruht, beschäftigen in den ASB-Werkstätten behinderte Menschen, je nach ihren Fähigkeiten und ihren Möglichkeiten. Neben dem freundlichen Männchen stehen seine kleinen Kollegen, liegen duftende Seifen, ranken sich Seidentücher in vielen Farben um ihre Knoten, liegen in Körben Gipsterne und grüne Nadelbaumsymbole. Alles für wenig Geld,

Spendenstand für das Brunnenprojekt in Ghana

aber mit besonderen Mühen gefertigt. Tamilische Mädchen tanzen schwungvoll auf der Bühne zu Klängen aus ihrer Heimat. Fast golden glänzen ihre Kostüme, Arme scheinen Schlangen gleich und Hüften schwingen und zucken als hätten sie Eigenleben entwickelt, unabhängig von allen anderen Körperteilen. Stolze Eltern rücken noch mehr Stühle an die Bühne heran, schlürfen heißen Kaffee aus Bechern und speisen Kuchen und Crêpes von Papptellern. Mancher vermißt jetzt den leichten Glühweinrausch. Doch Alkohol gibt es hier nicht dafür aber Kleiderständer mit wärmenden Jacken und Mänteln aus der Nähwerkstatt im anderen Gebäudeteil. Die warme Kleidung sucht ihren zweiten Besitzer. In Osterholz ist Weihnachten ein bodenständiges Fest und seine Basare sind deutlich entfernt vom Anspruch der Hochglanzprospekte, die in Briefkästen stecken. Ein heißer Tee, ein duftender Crêpes, ein munteres Lied, ein geselliger Nachbar, so schön kann Basar sein.


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