Verfasst von: Edwin Platt | 14. Mai 2014

Kunst und Kunsthandwerk im Haus im Viertel


IMG_1610pSusanne Sasse sitzt auf dem Cajon, beginnt einen langsamen Rhythmus. Martin Kratzsch stimmt mit der Klarinette ein. Den Innenhof des Haus im Viertel, mit seinem fast wildwüchsigen Pflanzenparadies im Zentrum, beleben viele viele Bewohner und Gäste. Sie eröffnen feierlich ihre Kunst und Kunsthandwerksausstellung.

Von Edwin Platt

Steintor. Wer über die Qualität der Kunst von Senioren denkt, sie seien spätentwickelte Hobbymaler muss hier sein Urteil in Frage stellen und mindestens Reife attestieren. Ursula Schnell, begrüßt als Hausleitung, Waltraut Lüdemann und IMG_1609pJohannes Bruns als Mitbewohner und Ausstellungsteam die Bewohner und Gäste. „Zusammentragen und hängen, wer das einmal gemacht hat weiß wieviel Aufwand das ist“, so Ursula Schnell, bevor Lüdemann und Bruns von Erlebnissen der Vorbereitung berichten. „Alle sind unterschiedlich beeindruckend“, beendet Johannis Bruns die Reden und lädt zum betrachten über drei Etagen ein.
Von achtzehn Ausstellern sind Seidenmalerei, Bilder, Skizzen, Konstruktionen, Stoffdesign, Holzarbeiten, Geklöppeltes, Fotos, Spiegelungen und Specksteinarbeiten zu finden. „Wenn Besuch kam, musste ich als Kind den Mund halten und durfte mit Stiften malen. Das hat Spaß gemacht. Dann kam der Pinsel und die Freude blieb. Beim Malen habe ich Kummer vergessen. Immer wo ich hinzog, habe ich Malende gesucht, so wie hier“, erzählt Hildegard Schmidt vor ihrem Gartenbild. Hildegard Schmidts Bilder sind Impressionen ihrer 40 Jahre Lebenszeit in Spanien. „Der Teich mit Fischen und Wasserschildkröten….“, wird durch ihr erzählen und ihren recht großformatigen Ausstellungsbeitrag lebendig. „Mein Mann verstarb vor 22 Jahren. Seither habe ich fast täglich mit Nachbarn gemalt“, so Schmidt, die auf Wunsch ihrer Kinder nach Bremen zurückkam.
IMG_1611pHildegard Schmidts Malerfahrung ist deutlich. Komponiert sind die Farben gesetzt, ist auf Details zu Gunsten des Gesamten verzichtet. Der südländische Garten wirkt wie ein Erlebnis auf den Betrachter. „Auch meine zwei Söhne malen, wie die beiden Töchter“, berichtet Schmidt, die stolz über Tochter Karola sagt: „Sie malt professionell und stellt gerade in Amsterdam aus“.
Helga Kratzsch besuchte eine Hochschule um ihrem Kunstverständnis Tiefe zu geben. „Ohne Malen ist es trübsinnig“, findet die Seniorin, die sich für die Ausstellung auf Kollagen spezialisiert hatte. „Ich hatte Bilder, aber ich wollte für diese Ausstellung Neues machen“. Früher arbeitete Helga Kratzsch in verschiedenen Ateliers oder in ihren Wohnungen. Hohe Fingerfertigkeit ist bei weitem nicht das Einzige was Helga Kratzsch für ihre Kollagen braucht. „Man möchte ja nicht stillstehen“, sagt sie über ihre Bilder, die aus aufgerollten Bleistiftbreiten Papieren, die in geometrische Linien aufeinandertreffen, nach Farben, Schrift oder Symbolik komponiert sind. „Dieses heißt IMG_1614pNewspaper“, zeigt sie auf die rechte Kollage aus Weser Kurier Zeitungen. Da stehen „Überschriften“ nebeneinander deren Zusammensetzung Sinn macht oder in einem anderen Feld der Kollage Zeilen fremdartiger Schriftzeichen, alles exakt in Größe und Form in eine Harmonie geordnet. „Dort habe ich Farben arrangiert“, zeigt Helga Kratzsch auf zwei anschließende Kollagen. „Jetzt spüre ich ein kleines Loch“, beichtet Helga Kratzsch über die Zeit als ihre Exponate fertiggestellt waren. „Dann weiß ich immer, es kommt etwas Neues“, so Helga Kratzsch.
Helga Kratzsch Sohn Martin hat offensichtlich die künstlerische Ader seiner Mutter übernommen, so wie die vier Kinder von Hildegard Schmidt. Spielte Martin Kratzsch zu Ausstellungsbeginn mit seiner Frau Susanne Sasse, beides Profimusiker Cajon und Klarinette, stimmte er anschließend ein Tablett mit unterschiedlich gefüllten Sektgläsern mit einem Bleistift an. Eine feine Melodie erklang durch das anschlagen der Gläser, wurde zum wetteifern mit den Cajon und endete im stürmischen Applaus der Senioren des Haus im Viertel.
„Ich habe mir das Haus genau ausgesucht“, hatte Hildegard Schmidt gesagt, wie sie sich lebenslang die Nähe kreativer Menschen gesucht hatte. Als meine Töchter mich nach Bremen holen wollten, weil sie dachten: „Mutter in Spanien allein, das bereitet uns Sorgen“, war wohnen unter kreativen aufgeschlossenen Menschen Bedingung gewesen zu kommen.

Die Ausstellung Kunst und Kunsthandwerk der Bewohner aus dem Haus im Viertel soll bis in den Herbst auf drei Etagen der Flure zu sehen sein. Haus im Viertel, Seilerstraße 14.


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