Verfasst von: Edwin Platt | 14. Mai 2014

Lesen international


Rektorin Christiane Lenhard rief und alle kamen an die Grundschule Mahndorf um an der zweiten internationalen Leseprojektwoche teilzunehmen. Und alle bezieht sich nicht etwa nur auf Kinder, auch Eltern beteiligten sich, so das Texte in allen 14 Sprachen die an der Grundschule vertreten sind, innerhalb der Lesewoche vorgetragen wurde. Dabei fanden viele Lesungen erst in der Herkunftssprache einer Geschichte und folgend auf Deutsch statt.IMG_1570

Von Edwin Platt

Mahndorf. Im Leseraum der Schule mit vielen Bücherregalen und der Ausleihe zieht Marlene Gegenmantel das Bild zweier Hasen, der eine Grau der andere Braun, wie sie aus ihren Erdlöchern schauen, aus dem Papiertheater. Das Papiertheater beruht auf dem Jahrtausende altem Kamishibai aus Asien. Einem bühnenähnlichen Rahmengestell mit dem Bildergeschichten erzählt werden indem Bild für Bild gezogen wird und das jeweils dahinterliegende freigibt. Handlung wird so illustriert leicht erlebbar. Erst waren die Hasen Freunde, dann streiten sie über Dreck, die Wäsche auf der Leine und schließlich über den Zaun, den der Braue zwischen ihnen gezogen hat. Der Fuchs schaut zu und wittert gute eine Mahlzeit.
Marlene Gegenmantel, aus dem Barkhof, ist Lehrkraft und liest „La Brouille“ von Claude Boujon erst auf Französisch für die fünf Mädchen und vier Jungen in Karnevalskostümen und jetzt auf Deutsch. „Habt ihr jetzt mehr verstanden? Oder hattet ihr auf Französisch IMG_1567petwas nicht verstanden“, fragt Marlene Gegenmantel. „Nein. Ich wusste alles“ antwortet einer der Jungen: „auch das der Fuchs sie nicht erwischt und sie nachher wieder Freunde sind“.
Gleich startet das große Abschlussfest zur Lesewoche in der Sporthalle, das gleichzeitig Karnevalsfeier der Schule ist. Arabisch, Chinesisch, Kurdisch, Ligurisch, Polnisch, Romani, Russisch, Türkisch und in sechs weiteren Sprachen haben Schüler und Eltern in der internationalen Leseprojektwoche vorgelesen und damit kleine Fenster in die Sprachen und Kulturen anderer Länder geöffnet.
Christiane Lenhard ruft bewusst leise durch das Mikrofon in die brodelnd volle Turnhalle die Namen der Schüler und Schülerinnen die in jeweils anderer Sprache gelesen haben. Es wird ruhiger und Einer nach dem Anderer ruft die Begrüßung in seiner Sprache den Gästen zu.
„In unserer Schule sind alle fit! Da machen alle Kinder und die Großen mit. Wir lernen lesen, schreiben, Mathe, Kunst und Sport; Sachkunde, Englisch, Schwimmen, Werken gibt es dort! Die Schule Mahndorf ist ein Hit…“ singt die ganze Halle voller Schüler und Eltern lauthals den Refrain weiter den Christiane Lenhard zur Melodie von Birgit Frische geschrieben hat, als sei es ihre Hymne.
Während sich Cemal Kocas, vom Haus unserer Freundschaft in Hemelingen, mit seiner Saz auf der Bühne einrichtet gibt Lenhard Auskunft: „Um Begeisterung zu wecken ist das Vorlesen in eigener Sprache wichtig. Deutsch ist unsere wichtigste Sprache, aber IMG_1568pdurch das Vorlesen verlieren Eltern auch ihre „Sprachlosigkeit“ in unserer Schule. 25 Mütter und wenige Väter haben hier in ihrer Sprache gelesen und wir konnten durch einen 600 Euro Spende der Leselust wieder tolle Bücher dafür anschaffen“. Natürlich ging es beim Vorlesen nicht nur um die Entdeckungen von Neuland, beliebt zu lesen waren ebenso die Bremer Stadtmusikanten, die besonders in östlichen Ländern sehr bekannt sind und durch die Melodie einer fremden Sprache ganz anders erlebt werden.
Gerade begrüßte ein blauäugiger Blondschopf als Letzter auf Griechisch, als „Steck die Nase in ein Buch, das ist Kino für den Kopf. Lesen lesen, lesen lesen, das macht Spaß“ erklingt, bevor Cemal Kocas zum singen eines türkischen Kinderliedes einlädt. „Bom, billi billi billi, bum, geht der Refrain den ihr mitsingen könnt. In der orientalischen Musik gibt es noch die Vierteltöne, die hier mit der Verbreitung des Klaviers ausgestorben sind, weil ein Klavier keine Vierteltöne hat. Auf der Saz leben die Vierteltöne weiter. Das klingt erst etwas fremd für eure Ohren“. Dann stimmt Cemal Kocas das Lied an: „So würde es vom Klavier klingen. Und so, hört ihr, klingt es mit den Vierteltönen“.
Cemal Kocas ist auch Vermittler für Mütter eines Integrationskurses die „Die kleine Raupe Nimmersatt“, lasen. Jede Seite in einer Sprache, polnisch, russisch, englisch, türkisch, kurdisch, französisch. „Weil die Kinder das Buch kennen war es spannend die verschiedenen Vorträge zu verfolgen. Alle Mütter haben am Ende einen glitzernden Schmetterling bekommen und uns verraten, was ‚Schmetterling‘ in der jeweiligen Sprache heißt“, so Christine Lenhard. „Es macht gerade großen Spaß, diese interkulturelle Öffnung in Mahndorf zu erleben! Die Kinder sind neugierig und mit glänzenden Augen dabei – und uns allen tut es einfach gut, dass wir eine solche Offenheit erleben“, so Lenhard etwas kurzatmig vom Tanzen in der Halle mit den Kindern.

Grundschule Mahndorf, Mahndorfer Heerstr. 55, Telefon: 48 00 63


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