Verfasst von: Edwin Platt | 23. Juni 2013

Ein Gebrauchtfahrradmarkt am Hauptbahnhof.


Der allgemeine Deutsche Fahrradclub bietet regelmäßig am Hauptbahnhof einen für Verkäufer kostenlosen Fahrradmarkt an, bei dem Käufern Schutz davor geboten wird, unrechtmäßig zum Verkauf angebotene Räder zu erwerben.

von Edwin Platt

Bahnhofsvorstadt. Der allgemeine Deutsche Fahrradclub, adfc Bremen, betreibt seine Radstation bereits über zehn Jahre im Hauptbahnhof. Neben dem radspezifischen Service des Clubs mit Radtouren, Ersatzteilen, Rädern, Karten und Beratungen findet in den Sommermonaten regelmäßig am ersten Sonnabend des Monats bis Oktober von zehn bis 13 Uhr der Gebrauchtfahrradmarkt vor der Radstation statt.

Bei frischer Brise hat sich Renate Recknagel aus Findorff auf das Rad ihres Enkels geschwungen. Vier Jahre stand das gut Stück, eine Mischung aus Mountainbike und Herrenrad, mit vielen Gängen und volumigen Reifen in Recknagels Keller. Rost ist nicht zu finden. Alles vom Licht bis zur Bremse funktioniert. Renate Recknagels Enkel hat es jedes Jahr, also nur wenige Male, benutzt, wenn er Oma und Opa besuchte. „Jetzt ist er aus dem Alter raus“, erklärt Renate Recknagel ihren Radausflug zum Hauptbahnhof, um einen neuen Besitzer mit dem Rad zu beglücken und Platz im Keller zu schaffen. In der Radstation hat sie ein Preisschild bekommen, ihre Daten hinterlassen und 90 Euro auf dem Schild vermerkt. Neben ihrem Rad steht ein Designe-Hollandrad Marke Gazelle in beige mit Ledersattel und Ledergriffen am Lenker. 550 Euro zeigt das Schild. Bei einem Rennrad Marke Centurion, dem viele Kilometer anzusehen sind, liegen Klickpedale zum Wechseln bereit und das Preisschild zeigt 499 Euro an. Neben diesen Rädern werden etwa 25 weitere angeboten. Vom 20 Zoll Mädchenrad übers viele Jahre alte Bonanza-Rad bis zum „antiken“ Hollandrad mit Rostblumen auf den Schutzblechen und am Kettenkasten und dem neuzeitlich gefederten „Gazelle“ Seniorenmodell ist alles zwischen 50 und 250 Euro zu haben. Darunter auch reparaturfälliges.

Renate Recknagel, jenseits der 70 Jahre, schlägt ihre Handschuhe, in denen am ersten Juni ihre Hände stecken, zusammen. Vor dem Hauptbahnhof ist Wochenendbetrieb. Die Leute strömen in den Bahnhof und heraus, doch für Fahrräder interessieren sich heute nur wenige. In der guten Stunde, die sie nun hier ist, haben vier Räder ihren Besitzer gewechselt und ihr ist kalt und langweilig neben ihrem gepflegten Schätzchen.

Um dem Verkauf gestohlener Räder vorzubeugen, hält der adfc Daten zum Fahrrad jedes Verkäufers und seine Personalien fest. Dafür entstehen dem Verkäufer keine Kosten. Möchten Käufer ihr „neues“ Rad kenntlich machen bietet der adfc für 15 Euro eine verschlüsselte Gravur am Rad oder für acht Euro zwei besondere Klebeetiketten zur Identifizierung, falls das Fahrrad nach ungewolltem Verlust wieder auftaucht.

Neben Fahrrädern werden Satteltaschen, Körbe und weiteres Zubehör vor der Radstation gebraucht und in der Radstation neu feilgeboten. Doch Renate Recknagel hat daran keinen Gefallen mehr, hat keinen Bedarf, möchte ja verkaufen. Sie nimmt das Rad des Enkels und will den Tag jetzt anders gestalten. Drei, vier Räder weiter hört sie: „Für 50 Euro?“ von einem anderen Verkäufer. „Es ist zwar nicht weit und wenigstens wärmer als auf dem Rad, aber die Verbindungen nach Findorff sind am Wochenende nicht gut“, verlässt Renate Recknagel nach fast zwei Stunden den Gebrauchtfahrradmarkt des adfc, um Platz im Keller und 50 Euro bereichert und ohne das Gästefahrrad für den Enkel.

adfc Radstation, Bahnhofsplatz 14 a, Telefon 51 77 88 22. http://www.radstation-bremen.de           


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